Bumblebee (2018)

Die perfekte Abrüstung 

Michael Bays Transformers Filme, die seit 2007 regelmäßig auf der ganzen Welt Leinwände okkupieren, hatten schon immer etwas von radikaler psychiatrischer Therapie. Sie erschaffen eine Parallelwelt bevölkert von martialischen Spielzeugrobotern, die wie in einem Puppenspiel amerikanische Kriegstraumata nachstellen. Autobot Anführer OPTIMUS PRIME degeneriert im Lauf der Transformers -Serie vom idealistischen Krieger mit moralischem Kompass zur Karikatur eines Kriegsverbrechers. In einem anschwellenden Rausch von Gewalt metzelt OPTIMUS sich durch Horden feindlicher Roboter, enthauptet seinen Kontrahenten (Transformers 2), exekutiert um Gnade flehende Gefangene (Transformers 3) und malträtiert seine eigenen Untergebenen (Transformers 4 und 5). Die Bilder sind so übersättigt mit Tod, Mord, Verstümmelung und purem Entsetzen, dass sie nur schwer zu ertragen wären, handelte es sich bei den Opfern um menschliche Figuren. Natürlich waren die Transformers Zeichentrickserien und Spielzeuge seit jeher Produkte, deren Erfolg auf der Faszination von Kindern basierte, Krieg zu spielen. Doch diese Angebote waren stets abstrakt geblieben. Bays Mission war es von Anfang an diese abstrakten Tendenzen ins Explizite zu übersetzen. Die viel kritisierte Verquickung der Filmreihe mit dem US-Militär lieferte Bay die Ressourcen, um seine science fiction Klamotte mit den Erfahrungen der Nah-Ost Kriege aufzuladen. Auch er liebt es, Krieg zu spielen und geht dabei so unbefangen mit Bildern purer Zerstörung um wie kaum ein anderer Regisseur. Für seine Katharsis dienen die Roboter als perfekte Marionetten, schließlich bestehen sie nur aus gefühllosen Schaltkreisen, nicht aus Fleisch und Blut. So könnte man meinen, würde Bay diese Unterscheidungen nicht kontinuierlich untergraben. Seit Transformers 3 tragen die Maschinenwesen rotes Blut in sich (welches als Fontäne hervorschießt, wenn sie getötet werden) und erhalten in Transformers 4 sogar synthetisch gewachsene Körper. Bays Filmreihe ist ein Projekt fortwährender Annäherung an eine pure Kriegssimulation, bereinigt von jeder Form eines kritischen Kommentars.

Diesen desaströsen Altlasten sah sich Travis Knight gegenüber als er 2017 von Paramount für die Verwirklichung eines spin-off Films unter Vertrag genommen wurde. Entgegen aller Erwartungen hat er einen Ausweg gefunden.

Bumblebee übergeht das Baysche Transformers -Universum fast gänzlich und erweckt die Welt der Zeichentrickserie zum Leben. Knight macht einen beherzten Rückgriff in die Spielzeugkiste der 80er Jahre. Schon seit dem ersten Transformers -Film ist Steven Spielberg als ausführender Produzent an der Reihe beteiligt. Sein Einfluss auf das ursprünglich kinderorientierte Franchise scheint bisher gering gewesen zu sein. Falls sich eine Übereinstimmung mit Bays Transformers-Filmen und den Werken Spielbergs entdecken lässt, dann bestenfalls die Normandie Landungsszene aus Der Soldat James Ryan (welche im Vergleich zu Bays Eskapaden eher harmlos wirkt).
Mit Bumblebee bringt Knight nun eine zeitgemäße Neuauflage von Spielbergs Kinderfilm Klassiker E.T. in die Kinos – diesmal ist das gestrandete Alien, das bei menschlichen Teenagern Unterschlupf sucht, eben ein 4,80 Meter großer, leuchtend gelber Roboter anstelle eines kleinen Schrumpelwesens. Dabei setzt er geschickt seine Erfahrungen als Animationsregisseur (Boxtrolls, Kobo) ein, um dem titelgebenden Bumblebee Leben einzuhauchen. Kein anderer Transformers -Film hat die Fähigkeit der Roboter, sich in Fahrzeuge und Gegenstände zu verwandeln, auf so kreative und humorvolle Weise zur Geltung gebracht. Das farblose Aussehen der Transformers selbst, die mit ihrem skelettartigen, scharfkantigen Bau an Prototypen der Rüstungsindustrie erinnerten, wird durch einen bunten, klobigen Plastiklook ersetzt. Aus der postapokalyptischen Einöde des Planeten Cybertron ist ein blinkender Zukunftsentwurf geworden, auf dem sich die Roboter wie auf einem Spielplatz austoben. Die bunten Bilder, das inspirierte Produktionsdesign und die simplen Dialoge – all das wirkt wie der Vorstellung eines Kindes entsprungen.