Aquaman (2018)

Arthur redet mit den Fischen

Arthur Curry alias Aquaman, einer der bisher eher belächelten als bewunderten DC-Helden, erhielt 2018 seinen ersten großen stand-alone Film im DC-Universe und überraschte zahlreiche Zuschauer mit unterhaltsamen 144 Minuten Superheldenspektakel. Wie schafft es der ‘rechtmäßige König von Atlantis’ Arthur (Jason Momoa), sich über die (Wonder Woman mal außenvorgelassen) höchstens durchschnittlichen vorherigen Einträge ins Superheldenuniversum DCs emporzuheben?

Das erste, was auch dem nur gelegentlichen Superheldenfilm-Besucher auffällt ist, dass sich die Autoren von Aquaman scheinbar durchaus bewusst waren, dass ein Actionspielfilm über einen muskulösen Fischmann aus Atlantis, der dreizackschwingend seinen Stiefbruder sowie einen rachsüchtigen Waisen in Manta-Cosplay bekämpft, sich selbst nicht zu ernst nehmen sollte. Die Eröffnungssequenz, in der uns Aquamans Fähigkeiten präsentiert werden, als er einer Bande schwer bewaffneter Bösewichte durch Rauchschwaden und in düsterem Licht oben ohne entgegentritt, schreit förmlich nach Camp. Übliche Filmtropen werden aufs Korn genommen – so will der grimmig guckende Biker, der Aquaman in der Bar auf die Schulter tippt dann doch nur ein Selfie – und auch muskelbepackte Supermänner können mal einen Witz machen. Aquaman schafft auf diese Weise eine offene Atmosphäre, um zu unterhalten und schafft dies auch die meiste Zeit. Sicher sind einige Witze dann doch etwas zu viel des Guten, aber als Zuschauer müssen wir in Erinnerung behalten, dass Warner Brothers immer noch in einer Findungsphase bezüglich ihrer DC-Filme stecken.

Denn bis vor kurzem waren DC Verfilmungen noch gleichbedeutend mit ‘dark and gritty’. Nach Filmen wie Batman v Superman oder Suicide Squad konnte sich so mancher Zuschauer berechtigterweise fragen, ob im DC Universe jemals die Sonne scheint und ob Spaß auf, aber auch vor der Leinwand, überhaupt erlaubt ist. Aquaman hingegen überrascht mit mannigfaltig farbenfrohen Unterwasserwelten, wodurch Szenen wie der düstere und regnerische Abstieg in die Welt der ‘Trench’ ungemein an Ausdruckskraft gewinnen – der in monochromatischem rot gehaltene Fall in die verhängnisvolle Finsternis ist hier gleichbedeutend mit Veränderung, setzt sich vom bisherigen ab und spiegelt den emotionalen Tiefpunkt der Heldenreise wieder.

Aber DC entwickelt sich nicht nur visuell weiter. Auch der Soundtrack ist in Aquaman weniger musikalisches Potpourri wie es beispielsweise in Suicide Squad der Fall war, sondern folgt einem roten Faden, der den Film zu unterstützen versucht und sich nicht als bloße Collage mit im Minutentakt aneinandergereihten, bekannten Songs daherkommt – über den Wert von Pitbulls Africa-Remix lässt sich dennoch streiten, auch wenn in der Endfassung des Films dankenswerterweise nur wenige Sekunden des Stückes zu hören sind. Mit Songs von The White Stripes, Motörhead, Wolfmother oder Rage Against the Machine setzt der Film dennoch eine Vielzahl an Stücken ein, die einzeln wirkungsvoll sein könnten, im Gesamtkontext des Films dann aber aufgrund der großen Hit-Dichte doch and Durchschlagskraft verlieren und stellenweise mehr an einen MP3-Player auf shuffle als an einen homogenen Filmsoundtrack erinnern.

Dennoch ist Aquaman ein Schritt in die richtige Richtung. Die Kampfsequenzen wirken natürlicher und flüssiger choreographiert. Die Kostüme sind einer Produktion dieser Größenordnung entsprechend gut gestaltet, vergessen aber trotzdem nicht ihre Comic-Herkunft und erweisen ihren ästhetischen Ahnen den gebührenden Respekt. Die CGI wirken größtenteils überzeugend – auch wenn die finale Schlacht von ihren Effekten etwas an die Star Wars-Prequels erinnert.

Einige haben DC mit ihrem nun etwas leichtherzigeren, farbenfroheren Helden vorgeworfen, zu versuchen, an den Erfolg von Marvel anzuknüpfen und deren Rezept für Blockbuster nachzuahmen. Doch auch wenn vieles (der Humor, die Vielfarbigkeit etc.) in Aquaman an Marvel erinnern mag, so hat der Film dennoch seinen eigenen Stil, seine eigene Stimme. Das, was viele als distinkt ‘Marvel’ in Aquaman wahrnehmen, ist: ein Superheldenfilm, der Spaß macht. Sicherlich ist Aquaman nicht perfekt und natürlich versucht DC nach vergangenen filmischen Misserfolgen mit Aquaman narrativ auf der sicheren Seite zu bleiben (Joseph Campbells Konzept der Heldenreise wird gradezu lehrbuchhaft angewandt), dennoch ist es ein erfrischendes Erlebnis, einen Film mit dem Label DC zu sehen, der Interesse auf neue Projekte weckt. Warner Brothers scheinen dies verstanden zu haben und haben mit dem für April 2019 angekündigten Shazam schon den nächsten humorvolleren Actionhelden in Vorbereitung. Es bleibt also mit Spannung abzuwarten, ob es DC gelingen wird, Marvel – deren nächster Film Avengers: Endgame bekanntlich die aktuelle Reihe ihrer Superheldenfilme abschließen soll – ernsthaft Konkurrenz zu machen.